Ich bin gerade völlig tiefenentspannt... Sitze hier in meinem bequemen Schreibtischstuhl, tippe, höre Musik und trinke ab und zu von dem Bier, das neben meiner Tastatur steht.
Außerdem rieche ich nach Zitronengras.
Ich habe mir heute nämlich etwas gegönnt: Nach der Arbeit habe ich mich auf den Weg zur Massage gemacht. Und es war eine meiner besseren Ideen der letzten Wochen. Dazu muss man wissen, dass ich in den letzten drei Wochen glaube ich mehr Stress hatte, als die drei Monate davor - und ein Ende ist erstmal nicht absehbar. Also völlig gestresst ins Auto, los, zu spät dran - wie immer - und dann... Sehr nett und - wegen der Verspätung - verständnisvoll begrüßt worden, tolle Atmosphäre und eine großartige Massage. Und jetzt sitze ich hier und mir geht's gut - so einfach ist das.
Wenn wir aber auf heute Nachmittag zurückblicken, dann sehen wir einen Olli, wie er am Schreibtisch sitzt, sein Essen zwischen sich und dem Bildschirm, wie er mal googelt, wo er denn da eigentlich hin muss - und auf Google Maps eine Zeile lese, die es mir seitdem ich in München wohne kalt den Rücken runterlaufen lässt:
'2 Erfahrungsberichte'
Ich bin ja nun zweieinhalb Jahre hier, aber habe sehr lange gebraucht, bis ich mich hier zurechtgefunden und auch nur halbwegs ausgekannt hab (was dazu führte, dass ich im ersten halben Jahr sage und schreibe zwei Stadtführer geschenkt bekam...) Inzwischen habe ich mich aber darauf verlegt, so viel wie möglich zu sehen und kennenzulernen: Mal in ein anderes Viertel, mal in eine andere Kneipe, mal in den Englischen Garten, mal einfach nur die Isar entlang spazieren. Dadurch habe ich - zwangsläufig - jetzt schon einiges gesehen (wobei das meiste zugegebenermaßen Fußballkneipen waren, seitdem das 'Passt scho...' zugemacht hat...) Und so kam es, dass ich am Samstag spontan (ziemlich voll) eine Truppe von vier (zum Teil ziemlich vollen, aber extrem anständigen) Jungs aus der Nähe von Rosenheim von einer Kneipe zum Essen, zur nächsten Kneipe und schließlich zum Zug geführt hab. Klar, die hätten sicher auch noch alleine heimgefunden, aber so gab's noch einen lustigen Absacker in einer meiner Lieblingskneipen, eine großartige Fahrt dorthin und viel Gelächter. (Ich kann mit Stolz sagen, dass ich auch in einigermaßen beschickerten Zustand noch fähig bin, einen Purzelbaum in einer fahrenden S-Bahn zu schlagen!)
Wenn man nun aber nach den Erfahrungsberichten gegangen wäre, die ich bei meiner vorangegangenen Suche im WorldWideWeb so gefunden hab, dann war unsere erste Station ein "Drecksladen!", mit einem "Sklaventreiber" als Chef... Es hätte aber auch nichts geholfen, wenn ich nach nebenan gegangen wäre, da man sich dort "mehr als Störenfried, als als Gast fühlt" und die "Cocktails" obendrein "verwässert" sind. Und in der Kneipe, in der ich mich zwei Wochen zuvor großartig mit der Bedienung unterhalten habe, war ich auch schon ziemlich verwundert - gemäß meiner Interpretation der Google-Bewertungen kann man dort wohl froh sein, als Gast nicht sofort auf einem Scheiterhaufen verbrannt zu werden...
Nun möchte ich nicht sagen, dass es dieses Phänomen nicht in jeder Stadt gäbe. Oder, dass ich nicht Jedem das Recht zubillige, sich seinen Frust im Internet von der Seele zu schreiben, wenn er mal nicht zufrieden war. Aber ich habe das Gefühl, dass in München grundsätzlich mal jeder Laden irgendwas zwischen "Dann lieber Darmspiegelung" und "Da wird man bei der Obduktion besser bedient!!!" wäre.
Ich für meinen Teil, weiß aber, was ich dagegen tun werde: Erstens, keine Erfahrungsberichte mehr lesen; zweitens: Wenn es mir gefallen hat, viel mehr Erfahrungsberichte schreiben. Und genau das mache ich jetzt - tiefenentspannt, mit einem Bier in der Hand, und mit einem Hauch Zitronenduft...
Der Schildkröten-Geburtstagskuchen
vor 11 Jahren